GRÜNER LEBEN IN DER STADT

Herbst-Anemonen und Staketenzaun

Aufgewachsen am Rande der Stadt, in einem Haus im Grünen; Barfuss über die Wiese laufen - Alltag. Doch dann: Der Umzug in die Stadt. Acht Jahre später kommt der Junge, um den es hier geht, zurück.  Was findet er vor?

Dort wo einst Gras war, ist jetzt eine Stadt. Häuser über Häuser, Teer, Zement. "Grün kaputt" sozusagen. Adriano Celentano* besingt dies in seinem Lied  "Il ragazzo della via Gluck" von 1966. Von Jörg Müller* kam zehn Jahre später das Buch "Hier fällt ein Haus, dort steht ein Kran und ewig droht der Baggerzahn oder Die Veränderung der Stadt" heraus. 1983 dann Dieter Wieland* mit seiner Dokumentation "Grün kaputt".

 

Alles schon ganz schön lange her. Wenn ich Stadtpflanze durch meine Stadt laufe, werde ich immer wieder überrascht. Da gibt es Mehrfamilienhäuser vor deren Hausfassade es grünt und blüht und zuweilen sogar eine Bank steht; Balkone, die ein gefundenes Fressen für Insekten sind und Fensterbänke, die mit Blumentöpfen übersät sind; Beete am Straßenrand, die von den Anwohnern bepflanzt wurden und gepflegt werden. Blumenwiesen. Bunt geht es da zu.

 

Und dann gibt es Kiesgärten. Balkone auf denen nix wächst. Keine Dach-, keine Fassadenbegrünung. Auffahrten und gepflasterte Wege, deren Fugen von jeglichem Grün befreit sind. Weiß, grau, schwarz sind die dominierenden Farben, die hinter sterilen Zaunflächen mächtig hervorblitzen.

 

Schon klar, über Geschmack lässt sich streiten. Nur wenn es um das Insektensterben geht, um aufgeheizte Städte dann sollte doch etwas anderes im Vordergrund stehen, als der persönliche Geschmack. Immerhin hängt unser aller Leben davon ab, wie wir mit der Klimaveränderung umgehen, die spätestens nach dem Sommer 2018 nicht mehr übersehen werden kann.

 

Lösungen gibt es große und kleine, bei denen wir alle uns beteiligen können. Die öffentliche Infrastruktur ist nicht immer ideal, aber sie ist da. Und vor allem das Fahrrad hat immense Vorteile gegenüber dem Auto. Gewiss, einiges muss sich noch ändern. Nicht jeder fühlt sich zwischen den vielen Autos auf dem Rad wohl und wer quetscht sich schon gerne in überfüllte Straßenbahnen, Busse und Züge? Aber Städte, die von Autos beherrscht werden, zeugen nicht gerade von Lebensfreude.

 

Was könnte auf all den Parkplätzen passieren, wenn der Platz nicht mehr für Autos reserviert wäre, sondern als Grün-, Sitz- und Spielfläche? Beim Parking Day, einem Aktionstag an dem Parkplätze umgenutzt werden, wird gezeigt, was mit dem kostbaren Platz alles möglich ist und wie er die Menschen in der Stadt zusammenführt.

 

Eine Bekannte hat das übrigens nicht nur an einem Tag gemacht, sondern ganzjährig umgesetzt. Sie hat einen Parkplatz mit wenigen Holzpfählen eingerahmt, einen Pflaumenbaum, Stauden und Sträucher gepflanzt. Ein wenig Ärger hat es gegeben, aber weil sich alle in der Nachbarschaft darüber freuen, wie schön die Ecke geworden ist, bleibt es jetzt so. Manchmal muss man halt einfach mal machen.


*Celentano, Adriano: Il ragazzo della via Gluck. 1966.

*Müller, Jörg: Hier fällt ein Haus, dort steht ein Kran und ewig droht der Baggerzahn oder Die Veränderung der Stadt. 1976. 

*Wieland, Dieter: Grün kaputt. Dokumentation. 1983.


Kommentar schreiben

Kommentare: 0